„Und ist die Boazn noch so klein. Wenn das Herz darin so groß ist, passen trotzdem alle rein“, heißt es in einem Lied, das das Suzie Trio der Wirtin des Café Schaumamoi, Gabi Benkert gewidmet hat. Groß ist deren Schaumamoi wirklich nicht, wenn man diese Giesinger Institution in Quadratmeter bemessen mag. Doch das große Herz der Wirtin, von dem im Lied die Rede ist, hat jenes Café, das ursprünglich mal ein Trambahnhäuschen war, zu einer regelrechten Kulturzentrale gemacht. „Für mich war immer klar: Ich will, dass die Alten und die Jungen kommen, die Gescheiten und die Blöden, und die Schwarzen und die Weißen. Was ich dagegen überhaupt nicht hier drin haben mag, das sind Rassisten. Die werfe ich sofort raus“; hatte Gabi Benkert vor zwei Jahren ihr Zielpublikum in einer Fernsehdokumentation über Giesing beschrieben.
Vor einem Jahr dann, kurz nachdem sie wie gewohnt den letzten Wiesn-Abend im Herzkasperlzelt gefeiert hatte, konnte Gabi, wie sich der Labelbetreiber Albert Pöschl von Echokammer erinnert, plötzlich ihre eigene Telefonnummer nicht mehr aufsagen. „Erst dachten wir, die Sprachstörung ginge auf einen Schlaganfall zurück“, sagt Pöschl. Stattdessen wurde ein Hirntumor attestiert, der auch aufs Sprachzentrum gewirkt hatte. Montag, den 30. September, ist Benkert, kein ganzes Jahr später also, in einem Münchner Hospiz mit 63 Jahren gestorben. Dabei hatte sie sogar noch bis Juli im Schaumamoi mitgearbeitet. Im August begab sie sich schließlich in ein Hospiz, wo sie so viel Besuch empfing, dass einer ihrer beiden Söhne sogar eigens eine Whatsapp-Gruppe für Gabis Freunde eingerichtet hatte.
Hier konnten sie nun koordinieren, wer Gabi wann im Hospiz besuchen durfte. Weil sie ihr aber unbedingt das neue Lied sofort vorspielen wollten, ging das Suzie Trio auch mal ohne vorherige Absprache ins Hospiz. Die Besungene hat sich dennoch über das spontane Konzert gefreut, wie ein Tonmitschnitt belegt. „Sie hat ein unglaublich gutes Gespür für Musik und Kleinkunst gehabt“, schwärmt Birgitt Binder, die Chefin vom Jakobmayer-Saal in Dorfen, von ihrer Jugendfreundin, mit der sie gemeinsam in Giesing aufgewachsen war. „Eigentlich hat Gabi mich ja zur Kleinkunst gebracht“, sagt Binder. Anfang der Achtzigerjahre arbeiteten beide im MUH, einer Kleinkunstbühne in der Münchner Innenstadt.
1983 eröffnete Binder dann mit Unterstützung des MUH-Wirts eine eigene Kleinkunstbühne auf dem Land, das Soafa in Dorfen. „Weil ich in Dorfen niemand gekannt hatte, habe ich mir die allerbesten Bedienungen aus München nach Dorfen geholt. Und da war die Gabi mit dabei“, sagt Birgitt Binder, die auch mal während ihres Urlaubs von Gabi als Chefin des Soafa vertreten wurde. Zugleich begann Binder, den Liedermacher Hans Söllner zu managen, dessen Musik beim Münchner Label Trikont erschien. So kam auch Gabi in Kontakt mit den Labelbetreibern, die letztlich auch das Häuschen gekauft hatten, in dem mittlerweile Gabis Schaumamoi beheimatet ist. „Das war schon klar, dass das jetzt erstmal gastronomisch nicht der große Hit wird. Aber irgendwie hat es ihr gefallen. Und sie hat dann so nach und nach angefangen, sich immer stärker in der ganzen Musikszene umzusehen“, erinnert sich Eva Mair-Holmes von Trikont an Gabi Benkerts Start als Wirtin, in deren kleinem Café alsbald auch viele Konzerte das Giesinger Kulturleben bereicherten.
„Es haben ja alle hier gespielt. Die Landlergschwister, die Hochzeitskapelle, Black Patti, und wie sie alle heißen“, erzählt Eva Mair-Holmes. Einer, der dort im Rahmen eines Giesinger Festivals auftrat, ist Simon Dieu, Bassist von The Grexits. „Wir hatten damals ohnehin schon eine feste Gage bekommen“, sagt er. „Trotzdem legte Gabi später noch was dazu, weil sie angeblich so viel Umsatz dank unserer Musik gemacht hätte. Daran hatte sie uns also auch noch beteiligt.“ Zusammen mit Hagen Kling, der damals noch im Münchner Kulturreferat für die Stadtteilkultur zuständig war, mit Trikont und mit weiteren Mitstreitern veranstaltete Gabi 2016 die erste Giesinger Kulturdult, aus der in den Folgejahren Veranstaltungsreihen wie „Ois Giasing“ hervorgingen. Nicht nur darum nennt Ruth Feile vom Verein „Wir sind Giesing“ Gabi Benkert auch schon mal „eine Keimzelle der Subkuktur“, die laut Eva Mair-Holmes ein Motor für die Stadtteilkultur war. „Vor allem für eine bestimmte Subkultur in München war und ist ihr Schaumamoi ein wichtiger Platz“, betont Mair-Holmes.
Benkerts Söhne wollen darum auch das Schaumamoi ganz im Sinne ihrer Mutter weiterführen. Darum zählt Gabi Benkert, die leidenschaftliche Giesingerin mit dem großen Herz, zu jenen Lichtern, die die Welt noch erleuchten, wenn sie selbst schon erloschen sind.
geschrieben von Dirk Wagner, der nach eigenem Bekunden ein steter Bewunderer und Nutznießer von Gabis Wirken war und ist.
Ich erinnere mich noch sehr gut an den Tag, als ich im Schaumamoi war und an die Warmherzigkeit und Offenheit, mit der Gabi mich empfangen hat. Obwohl es bereits elf Jahre her ist, hat sie einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen, Sie war eine bemerkenswerte Person.
Jakob Berr – Fotograf der Bilderserie und Video
In liebevoller Erinnerung an Gabi Benkert,
die Seele des „Schau ma moi“
Mit großer Trauer nehmen wir Abschied von Gabi Benkert, der Frau hinter dem legendären „Schau ma moi“. 27 Jahre lang war sie das Herzstück dieser kleinen, aber feinen Giesinger Institution, die weit über die Grenzen Münchens hinaus bekannt wurde.
Gabi hat das „Schau ma moi“ nicht nur gegründet, sie hat ihm ihre Seele gegeben. In diesem kleinen, ehemaligen Trambahnhäusl an der Tegernseer Landstraße hat sie einen Ort geschaffen, an dem sich Menschen aller Schichten und Hintergründe wohlfühlten. Egal ob gestandener Löwen-Fan, junger Student oder alteingesessener Giesinger – bei Gabi war jeder willkommen. Ausser Rassisten, die hat sie nicht gemocht!
Ihre Liebe zu Giesing und zu den Menschen war für jeden spürbar. In der Regel kannte sie ihre Gäste beim Namen, wusste, was sie mochten und sorgte dafür, dass sie sich wie zu Hause fühlten.
Das „Schau ma moi“ war mehr als nur eine Kneipe, es war das Wohnzimmer von Giesing.
Unvergessen bleiben die vielen Spieltage des TSV 1860, wenn das „Schau ma moi“ zum pulsierenden Herz von Giesing wurde.
Gabi hat miterlebt, wie sich das Viertel langsam verändert hat, blieb aber immer ihrer Heimat treu. Sie war eine echte Giesingerin, bodenständig und herzlich.
Auch wenn das „Schau ma moi“ mit Gabi einen Teil seiner Seele verliert, wird ihr Geist weiterleben. Die vielen und schönen Erinnerungen, die wir an sie haben, werden uns stets begleiten. Wir sind dankbar für die schöne Zeit, die wir mit ihr verbringen durften.
G.F.