Lieblingsmensch

23:31 Uhr – Grad hab ich mit vertilgtem Ingwershoots und Jever dem „Schau ma moi“ den Rücken gekehrt und bin als Fast-Nachbar nach Hause geschlendert.
Lächelnd mal wieder, nach Tagen großer Trauer.
Ich konnte die Schwelle des Café lange nicht übersteigen. Ich wusste nicht, was mich erwartet, jetzt, wo sich die Zeitachse verschoben und der magische Geist des Hauses sich verflüchtigt hat.
Gabi war die verständnisvolle mütterliche Stimme, die mich bestärkt, verstanden und unterstützt hat. Die mich respektiert und wertgeschätzt, die mit mir gelacht und geweint hat, die meinen Höhen und Tiefen geteilt, mein Macken und Ängste akzeptiert und toleriert, die meiner Tochter und meinem Enkel, meiner Mama und mir immer das Gefühl gegeben hat, das wir gut sind wie wir sind, egal wie groß der Zweifel und die eigene Unsicherheit war!
Ich war Aktivist der 1. Stunde in der Schau ma moi – Historie und bin Gabi damals bei einem Toilettengang erschienen.
Sie hatte das Schau ma moi eröffnet und unerwarteten Personalmangel.
Ich hatte kurz dem Schusterspezi Karl Kappel nebenan ausgeholfen, weil der auch Personalmangel hatte.
Und deshalb blieb ich als Person mit zeitlichen Kapazitäten hängen in Gabis Hirnwindungen und fing überzeugt von meinem neuen Tätigkeitsbereich kurze Zeit nach diesem bemerkenswerten mentalem Ereignis im Schau ma moi an zu arbeiten.
Der Schinkennudelmartin war, neben Bernadette (die jetzt die Wirtin des Valentins Stüberl ist) und Albert, damals einer der presentesten Zeitzeugen.
Der Werner mit seinen Flüssigkeiten war immer schon da.
Er war einer der besten Freunde meines damaligen Lebensgefährten und so trug es sich zu, das Gabis Biergarten von einem Mitglied der Familie Beckenbauer gepflastert wurde.
Gregor, man höre und staune, war immer schon ein Löwenfan obwohl er der Neffe von Franz war!!!
Nachdem die Zeiten unsicher waren, hatte ich nach einem Jahr Essen- und Kaffeekochen, Bier ausschenken und psychologischer Kundenbetreuung die mündliche Kündigung auf dem Tresen. Die damaligen Stammgäste hatten Anstoß bezüglich meines Musikgeschmacks und meiner Intoleranz gegenüber plumpen Annäherungsversuchen genommen und haarsträubende  Beschwerden gebastelt.
Zum Glück konnte ich durch meine generelle Motivation die Chefin noch einmal von meinem angepassten Bedienungsswillen überzeugen. Das hat mir den Überlebens – Hintern gerettet.
Ich wurde zum Initiator von Mikrowelle und Sonnwendfeuer, vom literarischen Salon oder dem ersten selbsgebastelten Cocktail Namens „Wischnewski“… da waren die Hugos noch gar nicht geboren!! Und auch unser Fritz Ani tauchte erst viel später am Lesepult auf.
Das Caffe war ein halbes Leben lang mein zweites Wohnzimmer, irgendwie ein Teil von mir UND auch von meiner Familie!
Gabi war zwar meine Arbeitgeberin, aber mit jeden Jahr wurde sie mehr zu einem Lieblingsmensch.
Sie liebte das Leben und ihre tollen Söhne; die Welt und die Anderswelt; die Kunst und die Kultur, die Musik und die Musikanten; ihr München und die Isar; das Lachen und das Weinen; die Natur und die Subkultur; die Menschen in all ihren Facetten (außer den Nazis); guten Kaffee, Spezi’s, Spezeln und Heilkräuter aller Art; Sie war offen und neugierig; manchmal grantig und skeptisch; manchmal besorgt aber immer authentisch.
Ich komme gerade heim – aus den alten heiligen Hallen…
Und ja, egal was ich mir wünsche, die Zeit fließt und nichts bleibt wie es ist.
Und ja, in dem Laden bin ich mittlerweile ein Urgestein, aber wisst Ihr was:
die Gabi ist immer noch hier, mit mir und all jenen, denen sie etwas bedeutet hat,
mit denen die ihr nachhaltig  begegnet sind.
Ihre Energie erfüllt den Raum …
und ständig klopft sie ihren Söhnen voller Stolz auf die Schultern.
Dieser besondere Ort bieten grade für die nächsten Generationen eine Chance für  Begegnungen, Austausches, für Freundschaft, Liebe und vielleicht auch der Konfrontation…
Frei nach Bruce Lee und Gabi:
„Zum Teufel mit den Umständen; das Café schafft Gelegenheiten.“
 
In undefinierbar großer Dankbarkeit 
Kerstin, Tiffany & Gabriel 

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